Der Wunsch nach einen sternenklaren Himmel ist nicht wahr geworden. Ich habe so schlecht geschlafen, wie schon lange nicht mehr. Erst als ich gegen Morgen eine Tablette nehme, bekomme ich meine
kribbelnden Beine in den Griff und finde Ruhe. Am Morgen telefonieren wir nach dem Frühstück mit Markus und Papi, der heute Geburtstag hat. Die Verbindung ist nicht so toll, aber immerhin
kann ich telefonieren. Ich habe ein ziemlich schlechtes Gewissen, dass ich an Papis Geburtstag nicht Zuhause bin, merke aber den Urlaub über, wie gut es mir tut, die Verantwortung und tägliche
Verpflichtung mal nicht zu haben. Ich denke viel an ihn, aber ich kann hier auch meine Ferien genießen und abschalten. Das ist doch wichtig, damit ich nach dem Urlaub wieder viel Kraft für den
Alltag habe. Aber in so schlaflosen Nächten geht sich mein Gedankenkarussell dann doch.
Nach dem Frühstück starten wir in Richtung Cameron. Dort machen wir einen kurzen Stopp an der Trading Post. Hier haben wir vor einigen Jahren mal übernachtet und im Giftshop einen tollen Ring
gekauft. Leider ist ein kleines Steinchen im Laufe der Zeit rausgebrochen und nun suche ich Ersatz. Doch es ist nichts Schönes und vor allem nichts Passendes zu entdecken. Am Ende finde ich
immerhin beim Modeschmuck drei Ringe für ganz kleines Geld, die ich mir kaufe. Dazu 3 T-Shirt und ein Cap für Papi als Mitbringsel. Dann geht die Fahrt weiter zum Grand Canyon. Wir wollen diesmal
vor allem den Bereich westlich vom Visitor Center besuchen, aber natürlich müssen wir auf der Fahrt dorthin auch schon zwei Stopps anfahren und einen Blick auf dieses Naturweltwunder erhaschen.
Es ist immer wieder grandios und unbeschreiblich schön. Wir haben an beiden Stopps auch Glück und finden mit unserem Riesenwohnmobil einen Parkplatz.
Kurz vor dem Visitor Center laufen uns dann Karibus über den Weg. Ganz gemütlich ziehen sie über die Straße und wir fühlen uns an den Yellowstone NP erinnert, wo diese immer wieder
passiert.
Im Bereich des Visitor Centers finden wir dann keinen Parkplatz für unser Riesenteil. Leider benutzen immer wieder auch PKW die Parkplätze, die für RVs vorgesehen sind. Das ist sehr ärgerlich,
denn wir sind ja auf diese großen Plätze angewiesen und es gibt nicht viele davon. Wir finden schließlich einen an anderen Ende des Besucherbereichs. So kommen wir wieder nicht in das Visitor
Center, aber für unsere Shuttlefahrt zum „Hermest Rest“, dem letzten westlichen Punkt, ist er gut gelegen. Die Busse sind hier, wie in den anderen Nationalparks aber auch, total überfüllt. Wir
steigen zweimal aus und wandern zum nächsten Busstopp. Das ist ein spektakulärer Weg direkt am Rim entlang, wahrlich kein Weg für Menschen mit Höhenangst. Habe ich bereits in Norwegen am
Preikestolen gedacht, es geht tief hinab, wird es hier um ein Vielfaches getoppt. Keine zwei Schritte neben dir fällt der Hang steil in den Tiefe. Vor allem an der Haltestelle „The Abyss“ wird
dies deutlich. Aber es sind auch unglaublich tolle Eindrücke und Bilder. Wir haben inzwischen Nachmittag und die Sonne steht schon recht tief. Ein schönes Licht fällt in den Grand Canyon und auf
die Berge. Wir können uns gar nicht stattsehen an dieser einmaligen Natur. Am „Hermest Rest“ selber machen wir nur einen kurzen Stopp, denn hier finden wir das Licht nicht mehr so toll. Doch auf
dem Rückweg überrede ich Toddy, noch einmal am Powell Point auszusteigen. Die Berge glühen im letzten Sonnenlicht und wir können gerade noch einige Fotos machen. Dann ist das Schauspiel zu Ende
und es wird schlagartig kalt. Ich bin in Short und Sandalen unterwegs und so ziemlich durchgeklappert. Als wir endlich im Wagen sind, ist es deutlich später als geplant. Wir fahren im Dunkeln los
und das Navi zeigt uns den Weg. Doch plötzlich endet die befestigte Straße. Was ist das? Wir können mit unserem Riesenteil nirgends wenden und rückwärts zurück ist auch keine Option. So ein Mist.
Also ruckeln wir mit 10 km/h durch die Wildnis. 6,3 Kilometer soll dieser Abschnitt bis zur Bundesstraße lang sein. Der Weg wird immer schlechter. Dreimal kommen uns Fahrzeuge entgegen ,
was uns etwas beruhigt. Aber auf dem schmalen Weg ist es schwierig, aneinander vorbei zu kommen. Äste streifen unseren Aufbau. Es ist eine Höllenfahrt. Dann nach etwas über 5 Kilometern, wir
freuen uns innerlich, dass die Tortur bald zu Ende ist, kommt der Supergau. „Road closed“. Wir starren auf unser Navi, das aber keine Alternative zeigt. Die Straße gabelt sich hier und ein
Weg geht über ein Cattleguard. Das Navi kennt diesen Weg aber nicht. Sollen wir es wagen, ins Unbekannte zu fahren? Nein, wir beschließen, hier eine Wendung zu probieren. Ich steige, mit
Taschenlampe bewaffnet, aus und versuche Toddy zu dirigieren. Zum Cattleguard steigt der Weg leicht an und ist extrem schmal. Wir zirkeln hin und her und haben es nach einigen Rangierereien
endlich geschafft. Nun müssen wir die 5 Kilometer wieder zurück, aber wir wissen wenigsten, was uns auf diesem Weg erwartet. Fast eine Stunde haben wir hier vereiert und dabei Blut und Wasser
geschwitzt. Sind wir froh, als wir wieder Asphalt unter den Rädern haben. Toddy hat später den Weg auf Google gesucht, ihn dort aber nicht gefunden. Wo waren wir bloß? Zum Glück ist dieses
„Abenteuer“ gut ausgegangen und wir haben bis auf die vergeudete Zeit keinen Schaden davon getragen. Im Wohnmobil ist noch alles heil und was eh schon locker war, hat gehalten.
Wir beschließen das Tagesziel zu verlegen. Abendessen gibt es bei Mc Donalds und dann halten wir nach einer Stunde Fahrt im Flintstone RV Park. Ich falle nur noch in mein Bett. Die schlecht
geschlafene letzte Nacht und die Aufregung und Anspannung der letzten Stunden machen sich bemerkbar. 8 Stunden schlafe ich tief und fest.