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Sonnenschein und Seenebel

Der Sonnenschein weckt mich früh. Ich bin aber heute sowieso früh hoch, denn ich will mit Papi einen Videoanruf machen und das geht nur, wenn Markus im Krankenhaus ist. Papi freut sich sichtbar, mich zu sehen und zu hören und das macht mir Mut. Erste Laute und ein Hallo kommen von ihm. Ich hoffe, dass es weiter aufwärts geht. Hoffentlich kommt er bald in die Reha, wo intensiv mit ihm gearbeitet werden kann. Im Krankenhaus ist alles eher auf Sparflamme. Ich bin jedenfalls sehr dankbar, dass ich hier bleiben durfte und Markus, Sandra und Thorsten derzeit alles regeln und die Verantwortung übernehmen. Jetzt, wo leichte Fortschritte zu sehen sind, kann ich hier auch wieder etwas entspannter durch den Tag gehen.

Der startet aber mit einem kleinen Chaos. Ich habe mal wieder einen Termin falsch abgespeichert. Meine Bootstour zum Albatrosfelsen ist bereits um 12 Uhr, ich hatte 17 Uhr im Kopf und danach meinen Tag geplant. Zum Glück gucke ich um halb 11 noch mal auf die Buchung. Also schnell alles zusammenpacken. Ich brauche ja wieder etwa eine Stunde Fahrzeit. Aber zeitlich passt alles. Nur das Wetter nicht. Ich habe in Dunedin strahlenden Sonnenschein, es ist sehr warm. Aber etwa 10 Kilometer vor meinem Ziel denke ich erst, es brennt und der Rauch eines Feuer zieht über die Bucht. Aber falsch. Es zieht richtig dichter Seenebel auf. Am Anleger sieht das noch sehr romantisch aus, aber für den Törn ist es schade. Ich hatte so auf Albatrosse im Start- oder Landeanflug auf den Felsen gehofft, aber keine Chance. Selbst der Leuchtturm ist kaum zu sehen. Aber irgendwie kommen wir doch auf unsere Kosten. Erst sehen wir gleich am Strand einen Seelöwen. Dann taucht weiter draußen ein Hai auf. Erst denke ich, da schwimmt Seetang, doch es ist ganz eindeutig die dreieckige Flosse eines Hai. Laut Kapitän sind seit einiger Zeit Blauhaie im Gebiet und dieser ist ein ganz schöner Brocken.  Ich schätze ihn auf gut 2 Meter.

Und dann tauchen doch auch Albatrosse auf. Sie sitzen auf dem Wasser und lassen sich treiben oder fliegen knapp über die Wasseroberfläche auf der Suche nach Futter. Es ist immer wieder eindrucksvoll diese Vögel fliegen zu sehen. Auf dem Wasser wirken sie gar nicht so groß, aber in der Luft mit dieser immensen Flügelspannweite von 3 Metern wirken sie riesig. Die Seals tummeln sich auch im Wasser und die Jungen liegen auf dem Felsen und warten auf Mamas Rückkehr. Alles in allem eine schöne Tour.

Am Bord lerne ich eine junge Frau aus Barcelona kennen und wir kommen ins Quatschen.Ich nehme sie mit in die Stadt zurück und wir trinken noch einen Kaffee zusammen. Sie ist in Spanien Lehrerin und hat viel zu erzählen. Aber die Probleme decken sich, dass habe ich hier in Gesprächen schon wiederholt festgestellt. Zu wenig Lehrer, zu viele Flüchtlinge, wenig Raum, immer das Gleiche. Wie schön, dass es mich derzeit nicht kümmern muss. Auch wenn ich hier ja noch eine Schule in Gisborne besuchen werde. Das hat sich endlich bestätigt. Ganz aus seiner haut kann man ja nicht und es ist ja auch spannend, sich mit anderen Kulturkreisen über das Berufsfeld auszutauschen.

Ich besuche das Otago Museum, aber es ist doch immer das Gleiche. Ich schwöre mir, jetzt habe ich genug Museen gesehen. Immer wieder die Tierwelt Neuseelands und die Maorikultur. Auch beliebt die anderen Kulturen der Südsee und das Thema Antarktis. Jetzt habe ich mindestens drei Ausstellungen dazu gesehen, genug! Ich mache auch keine Fotos mehr. Vielleicht hätte ich doch eher die Führung durch die Schokoladenfabrik oder die Brauerei machen sollen. Aber die waren mal wieder sehr teuer, aber sicher sehr spannend und vielleicht sogar lecker. Schade.

Ich schlender noch eine Stunde durch den Botanischen Garten, der sehr schön angelegt ist. Hier ist eben jetzt Sommer und es blüht in Hülle und Fülle. Unter anderem viele wunderschöne englische Rosenarten, die aber alle nach Wasser lechtsen. Es ist seit Wochen viel zu trocken für die Region. Mich freut natürlich der Sonneschein, aber heute musste ich doch deutlich mit der Sonne aufpassen. Und wenn es so warm ist, machen große Wanderungen auch nicht so viel Spaß. Ja, ja ich jammer auf hochem Niveau.

Zwischen den Büschen stehen Alpenveilchen als Stauden. Die kenne ich nur von uns als Topfpflanzen. Aber das Gewächshaus ist bereits zu. Es ist ja schon nach 16 Uhr. So geht das hier mit Gelassenheit und Entspannung.

 Der Outlook auf dem Signal Hill ist traumhaft. Der Blick geht über die ganze Stadt und über die Bucht, die sich durch die Peninsula Otago ergibt. Das ist schon eindrucksvoll. Ich stelle fest, dass meine Unterkunft fast direkt unter dem Outlook auf der anderen Bergseite liegt. Ich kann vom Wohnzimmer auch die Stadt ein wenig sehen, hier stören aber hohe Bäume die Sicht. Ich entdecke auch den Strand, an dem meine Vermieterin als Surflehrerin arbeitet und beschließe, dort noch einmal zu baden. Was für eine gute Entscheidung. Es ist ein sehr netter Strand mit schönen gleichmäßigen Wellen, bewacht und sehr sauber. Das ist hier immer wieder toll zu sehen, wie klar und sauber das Meer ist. Und an den Hai von heute morgen denke ich einfach nicht mehr. Der war ja mindestens 25 Kilometer weit weg. Ich freue mich über die Wellen und tobe eine halbe Stunde in der Brandung. Dann schaue ich noch eine Weile den Surfern zu und lasse mich dabei von der Sonne trocken. Was für ein schöner Tag.