Nach einer unruhigen Nacht, in der ich doch innerlich sehr aufgewühlt lausche, ob das Handy neue Nachrichten sendet, bin ich am Morgen dann erleichtert, als ich höre, dass Papi zumindest stabil ist und aus der Narkose erwacht ist. Ansonsten sind alle weiteren Informationen eher düster. Lähmungen rechts, keine Sprache und natürlich künstliche Ernährung. Aber er soll von der Intensivstation runter auf eine intermediate care Station. Ich habe erst einmal entschieden, hier in Neuseeland zu bleiben und abzuwarten. Also starte ich um 9.15 Uhr zu meinem Ausflug in den Doubtful Sound. Der Bus ist überpünktlich. Er sammelt hier in Te Anau einige weitere Gäste ein, mit denen ich im Laufe des Tages sehr nett zusammen sitze, klöne und gemeinsam die fantastische Natur erlebe. Da sind Joachim und Nina aus Regensburg und Hannes und Beatrice aus der Schweiz. Wir kommen schon auf der Busfahrt nach Manapouri ins Gespräch. Diese halbe Stunde ist schnell verflogen und in Manapouri wartet das erste Schiff auf uns. Der Lake Manapouri wird mit einer kleineren Katamaranfähre durchflügt. Das Schiff fährt 25 Knoten und da es bewölkt ist, kann man es an Deck nicht lange aushalten. Aber immer mal wieder gehe ich zum Fotografieren raus und genieße schon hier die Landschaft. Aber die Landseite ist noch sehr flaches Weideland. Erst zur Meeresseite hin erheben sich die Berge, die bis 2000 Meter aufragen. Der See ist aber sehr verschachtelt mit diversen Armen und schon bald ist man nur noch von hohen Bergen umgeben. Am Ende des Sees liegt dann Neuseelands größtes Wasserkraftwerk mitten in der Einöde. Viel zu sehen ist gar nicht. Vor allem die Strommasten fallen auf, aber ansonsten sind die Anlagen zur Stromgewinnung in den Berg gebaut. Wenn ich es richtig verstanden habe, wird das Wasser des Sees, der 178 Meter über dem Meeresspiegel liegt durch Rohre in den Doubtful Sound gelassen und dabei werden eben riesige Turbinen angetrieben, die Strom erzeugen.
Wir können das Kraftwerk leider nicht besichtigen, aber eine kleines Visitorcenter erklärt uns die Abläufe. An diesem Center landen auch die Boote an. Hier steigen wir nun in zwei große Reisebusse um. Es gibt tatsächlich eine Straße (rough road) über den Wilmot Pass. Die Busse quälen sich den Berg hinauf. Oben ist alles in dicken Wolken. Trotzdem hält der Bus an eine Aussichtspunkt. Wir können zwar nichts vom Sound sehen, aber schemenhaft erkennen wir zwei Keas in den Baumwipfeln. Später auf der Rücktour ist es sonnig und der Ausblick von hier oben auf den Doubtful Sound ist unglaublich schön. Nur die Keas sind später nicht mehr zu entdecken. Auch die Zahl dieser Papageien ist stark gesunken und die Touristen werden aufgefordert, Keabeobachtungen zu melden.
Wir werden auf der anderen Seite des Berges dann am Sound in ein weiteres Schiff umsteigen. Diese Katamaranfähre ist deutlich größer und sehr komfortabel. Wir bekommen auf beiden Schiffen kostenlos Kaffee angeboten und es gibt einen kleinen Kiosk für einen Muffin oder ein Brot. Und das zu normalen Preisen. Hier hat man nicht den Eindruck, dass man abgezockt wird. Die Fahrt insgesamt ist zwar teuer, aber bei all den Transportkosten müssen die diesen Preis auch haben. Und 50 NZD werden noch von jedem Gast als Spende an die Umweltbehörde abgeführt.
Wir genießen nun etliche Stunden auf dem Meeresarm und fahren bis zur Tasman Sea. Dort kommt langsam die Sonne heraus und wir können die gesamte Rückfahrt im Sonnenschein genießen. Im Mündungsbereich sind auf einem großen Fels wieder etliche Seals, darunter auch viele Jungtiere. Und am Himmel sind neben den Möwen auch Garnets und ein Albatros zu entdecken. Fotografieren ist schwierig, aber das kommt hoffentlich noch in Dunedin. Das Schiff fährt in einige Seitenarme und stellt in einem besonderen Teil alle Maschinen aus und wir erleben einen Moment der absoluten Stille in dieser paradisischen Landschaft. Die Maori haben diesen Ort bereit als Ort der Stille bezeichnet. Es ist unglaublich schön, ein Moment um innezuhalten und ganz bei sich zu sein. Und das Schöne ist, dass alle Gäste an Bord es so empfinden und genauso genießen. Fast möchte man den Moment verfluchen als der Diesel wieder anspringt.
Auch die vielen Wasserfälle sind von besonderer Schönheit. Das Schiff fährt an einen bis auf zwei Meter heran. Die Gischt spritzt mir ins Gesicht und es fühlt sich herrlich an.
Viel zu schnell gehen die schönen Moment vorbei und wir begeben uns auf die lange Rückfahrt nach Te Anau. Wir fünf deutschsprechenden Gäste sitzen sehr nett zusammen und da wir uns viel zu erzählen haben, beschließen wir, den Abend noch gemeinsam in Te Anau in einem Restaurant zu essen. So ist es weit nach 22 Uhr als ich wieder in der Unterkunft bin. Der Himmel ist sternenklar, aber ich bin zu müde zum Fotografieren. Ich stehe nachts noch einmal auf und sitze eine Weile unter diesem beeindruckenden Sternenzelt und lasse diesen Moment in mein Herz. Dann versuche ich zu Schlafen, aber das ist leider wieder schwierig geworden. Und die neuen Sandfly Bisse, die heute leider wieder erhalten habe , jucken so doll, dass ich noch mehrmals aufstehe, kühle und Creme auftrage. Es ist eben der kleine Pferdefuß des Paradies. Aber falls jemand Lust hat, die Eigenarten der Neuseeländer auf amüsante Art zu studieren, dem kann ich ein Buch empfehlen, dass ich hier im Backpacker gefunden habe:
Joscha Remus Gebrauchsanweisung für Neuseeland Piper Verlag.
Viel Spaß beim Lesen. Ich finde es ist mehr als treffend.