Gestern Abend war ein so klarer Abend, dass ich beschlossen habe, auf zu bleiben und mich auf die Milchstraßenfotografie zu stürzen. Und da es um halb 11 bereits stockdunkel ist, fahre ich kurze Zeit später los, um einen lichtarmen Ort zu suchen. Das habe ich natürlich nicht geplant. aber Stacey gibt mir einen Tipp. Nicht weit entfernt liegt der Lake Hayes und dort ist eine Erholungszone. Ich ahne, wo es ist, denn den See habe ich gesehen. Aber im Dunkeln sieht alles anders aus und es ist nicht ausgeschildert. So fahre ich zunächst vorbei, wende dann und finde die Zufahrt. Aber während ich einen Hügel herunterfahre, kommen mir erhebliche Zweifel an meiner Aktion. Die Straße ist die schlimmste Rough Road, die ich je gefahren bin. An wenden ist nicht zu denken und rückwärts den Berg wieder raus, auch nicht. Also muss ich da runter und bin erstaunt. Unten ist ein Campground und ich bin nicht alleine. Das finde ich sehr beruhigend. Viel Licht geht von den Campern nicht aus und so kann ich mich aufs Fotografieren konzentrieren. Da ich kein Stativ habe, müssen das Autodach und die Windschutzscheibe herhalten. Nicht ganz optimal, aber einige Bilder werden schon recht gut. Ab und zu kommt noch mal ein Camper die Straße herunter und macht meine Langzeitaufnahme zunichte, aber insgesamt bin ich fürs erste Mal ganz zufrieden. Ich merke gar nicht wie die Zeit verfliegt und als ich einpacke, weil nun Wolken kommen, ist es weit nach Mitternacht.
Zuhause bin ich eigentlich todmüde, kann aber nicht schlafen. Morgens beim Telefonat mit Toddy dann die Schocknachricht von Zuhause. Papi hat einen schweren Schlaganfall, liegt frisch operiert in der Uniklinik in Lübeck, da man in Segeberg die Gerinnsel im Gehirn nicht auflösen konnte. Was ist und wird muss man nun abwarten, aber die Prognosen sind leider nicht so gut. Ich bin total geschockt und kann doch hier am anderen Ende der Welt gar nichts tun außer beten und hoffen. Ich telefoniere noch mit meinem Bruder Markus und wir sind uns einig, dass ich erst mal hierbleibe. Das hatten wir im Vorwege auch so besprochen, aber natürlich gehofft, dass dies eine theoretische Vereinbarung bleibt. Nun wo der Ernstfall eingetreten ist, bin ich heute hier über Tag auch nicht wirklich hier. Ich fahre zwar wie geplant nach Te Anau, aber die Strecke rauscht an mir vorbei und ich nehme nicht viel wahr. Meine Gedanken sind immer wieder Zuhause und bei Papi. Aber auch Zuhause könnte ich nicht mehr machen, als an seinem Bett zu wachen. Als Mutti so krank wurde, als wir im Urlaub in der Türkei waren, bin ich zurückgeflogen. Aber da war eben auch noch Papi, dem ich die Hand halten musste und natürlich habe ich auch stundenlang bei Mami gewacht, die aber im Koma lag. Papi ist auch erst einmal in ein Koma gelegt worden, da er so entspannter überwacht werden kann. Mal sehen, was morgen die Ärzte sagen. Da alle von einem schweren Schlaganfall sprechen, weiß man ja auch nicht, was passiert, wenn er wieder aufwacht. Wie groß die Einschränkungen sind und was die Prognosen sagen. All das wird auch ohne mich stattfinden und so werde ich erst einmal hierbleiben. Nur das Genießen der Highlight gerade hier im Fjordland wird doch sehr überschattet sein.
Ich habe mich aber heute trotzdem aufgemacht und bin hier zu den Glowworm-Caves gefahren. Ich war so zeitig in Te Anau, dass ich bereits um 15 Uhr das Schiff nehmen konnte. Und es war wirklich schön und ganz anders als in den Höhlen auf der Nordinsel. Hier muss man zunächst 45 Minuten mit der Katamaranfähre zu den Höhlen fahren. Dann wird man in sehr kleinen Gruppen (10 Personen) in die Höhle geführt. Der Eingangsbereich ist sehr niedrig, aber dann ist überall gute Stehhöhe. Was extrem beeindruckend ist, ist der Fluss der hier in der Höhle fließt. Das Wasser ist kristallklar und die Höhle ist fast ausschließlich aus sehr hellen Gestein, was den Effekt des klaren Wassers noch verstärkt. Und dann sind in der Höhle mehrere Wasserfälle, die mit ohrenbetäubendem Getose in die Tiefe stürzen. Dazwischen wieder Becken, in denen das Wasser aufgefangen wird, bevor es über die nächste Klippe fällt. Dann kommt man an eine Stelle, wo man in ein Boot umsteigt. Es ist in der Höhle eh schon kaum Licht, aber das Boot gleitet in völliger Dunkelheit durch die Höhle. Es wird von unserer Führerin an einem Seil gezogen und es ist fast ganz still. Nur in der Ferne rauscht der Wasserfall. Über uns sind die Glühwürmchen wie der Sternenhimmel heute Nacht. Die Decke scheint sehr niedrig zu sein, denn zweimal hat man das Gefühl, die Lichtpunkte sind so dich über unseren Köpfchen, dass wir sie anfassen könnten. Ich bin in dieser stillen, dunkeln Welt bei Papi und hoffe, dass jedes Glühwürmchen mir den einen Wunsch erfüllt, dass er dieses Unglück übersteht. Die Tränen fließen mir über die Wangen, aber hier sieht es ja zum Glück keiner.
Nach der Tour wird der obligatorische Kaffee angeboten und eine junge Führerin erklärt uns noch einmal den Fortpflanzungszyklus der Glühwürmchen. Dazu zeigt sie gute Bilder und ich fotografiere sie ab. In der Höhle war fotografieren verboten und es hätte auch gar nichts gebracht in dieser fast totalen Finsternis.
Am Abend bin ich in einem sehr angenehmen Backpacker. Es ist nicht zu groß, hat sehr nette Gäste sowie einen schöner Aufenthaltsbereich und eine gute Küche. ich koche und freue mich, dass ich morgen für meinen Ausflug zum Doubtfull Sound hier abgeholt werde. Da habe ich keine Parkplatzproblem und kann es morgens etwas gemächlicher angehen lassen. Hoffentlich kommen nicht noch schlechtere Nachrichten von Zuhause. Hoffen wir mal.